Die pV-Strömung durch ein beliebiges Rohrleitungselement, d. h. Rohr oder Schlauch, Ventile, Stutzen, Öffnungen in einer Wand zwischen zwei Behältern usw., wird gekennzeichnet mit
(1.11)
Dabei ist Δp = (p1 – p2) die Differenz zwischen den Drücken am Einlass- und Auslassende des Rohrelements. Der Proportionalitätsfaktor C wird als Leitwert bezeichnet. Er wird von der Geometrie des Rohrelements beeinflusst und kann für einfachere Konfigurationen auch berechnet werden.
Im Hoch- und Ultrahochvakuumbereich ist C eine vom Druck unabhängig Konstante. Im Grob- und Feinvakuumbereich ist C dagegen druckabhängig, sodass die Berechnung für die Rohrleitungselemente für die einzelnen Druckbereiche separat durchgeführt werden muss.
Aus der Definition des Volumenstroms kann auch angegeben werden, dass der Leitwert C das Durchflussvolumen durch ein Rohrleitungselement ist. Die Gleichung (1.11) könnte als „Ohm‘sches Gesetz für Vakuumtechnik“ betrachtet werden, bei dem qpV der Stromstärke entspricht, Δp der Spannung und C dem elektrischen Leitwert. Analog zum ohmschen Gesetz in der Wissenschaft der Elektrizität wurde der Strömungswiderstand
als reziproker Wert zum Leitwert eingeführt. Die Gleichung (1.11) kann dann wie folgt umformuliert werden:
(1.12)
Für die Reihenschaltung gilt direkt:
(1.13)
Für die Parallelschaltung gilt:
(1.13a)
Das effektive Saugvermögen, das zum Leeren eines Behälters oder zur Durchführung eines Prozesses in einem Vakuumsystem erforderlich ist, entspricht nur dann der Einlassgeschwindigkeit einer bestimmten Pumpe (oder des Pumpensystems), wenn die Pumpe direkt mit dem Behälter oder System verbunden ist. In der Praxis ist dies nur in seltenen Fällen möglich. Es ist fast immer notwendig, eine Zwischenschaltung eines Rohrleitungssystems zu integrieren, das Ventile, Abscheider, Kühlfallen und dergleichen enthält. All dies stellt einen Strömungswiderstand dar, der zur Folge hat, dass das effektive Saugvermögen Seff immer kleiner ist als das Saugvermögen S der Pumpe oder des reinen Pumpensystems. Um eine bestimmtes effektives Saugvermögen am Vakuumbehälter zu gewährleisten, muss daher eine Pumpe mit höherem Saugvermögen gewählt werden. Die Korrelation zwischen S und Seff wird durch die folgende Grundgleichung beschrieben:
(1.24)
Dabei ist C der Gesamtleitwert für das Rohrsystem, der aus den Einzelwerten der in Reihe geschalteten Bauteile (Ventile, Luftleitbleche, Abscheider usw.) besteht:
(1.25)
Gleichung (1.24) besagt, dass S = Seff nur gilt, wenn C = ∞ (d. h. Strömungswiderstand gleich 0) ist. Dem Vakuumtechnologen stehen hilfreiche Gleichungen zur Berechnung des Leitwertes C für Rohrabschnitte zur Verfügung. Die Leitwerte für Armaturen, Kühlfallen, Abscheider und Dampfsperren müssen in der Regel empirisch ermittelt werden.
Generell ist die Leitfähigkeit in einer Vakuumkomponente kein von den vorherrschenden Vakuumniveaus unabhängiger Konstantwert. Er ist stark von der Art der Strömung (Kontinuums- oder molekulare Strömung) und damit vom Druck abhängig. Bei der Verwendung von Leitwertindizes für Berechnungen in der Vakuumtechnik muss daher immer darauf geachtet werden, dass nur die für ein bestimmtes Druckregime geltenden Leitwerte in diesem System angewendet werden können.
Die Leitwerte hängen nicht nur vom Druck und der Art des strömenden Gases ab, sondern auch von der Querschnittsform der Leitung (z. B. kreisförmiger oder elliptischer Querschnitt). Weitere Faktoren sind die Länge und die Krümmung der Rohrleitung. Demnach sind verschiedene Gleichungen erforderlich, um Praxissituationen zu berücksichtigen. Jede dieser Gleichungen gilt nur für einen bestimmten Druckbereich. Dies ist bei den Berechnungen immer zu berücksichtigen.
a) Leitfähigkeit für ein gerades Rohr, das nicht zu kurz ist und einen kreisförmigen Querschnitt mit Durchmesser d für den laminaren, Knudsen- und molekularen Strömungsbereich, gültig für Luft bei 20 °C (Knudsen-Gleichung):
(1.26)
d = Rohr-Innendurchmesser in cm
l = Rohrlänge in cm (l ≥ 10 d)
p1 = Druck am Rohreinlass (in Flussrichtung) in mbar
p2 = Druck am Rohrauslass (in Flussrichtung) in mbar
Wenn der zweite Term in (1.26) in der folgenden Form umgeschrieben wird
(1.26a)
dabei gilt
(1.27)
Aus dem Funktionsverlauf lassen sich die beiden wichtigen Grenzwerte ableiten.
Grenzwert für laminare Strömung
(1.28a)
Grenzwert für Molekularströmung
(1.28b)
Im molekularen Strömungsbereich ist der Leitwert druckunabhängig!
Im Übergangsbereich muss die vollständige Knudsen-Gleichung (1.26) angewendet werden.
Die Leitwerte für gerade Rohre mit Standard-Nenndurchmesser sind Abbildung 9.5 (laminare Strömung) und Abbildung 9.6 (molekulare Strömung) dargestellt. Weitere Nomogramme für die Leitwertbestimmung sind auch in Abbildung 9.8 und 9.9 zu finden.
Abb. 9.5. – Leitwerte für Rohrleitungen mit gängiger Nennweite und rundem Querschnitt für laminare Strömung (p = 1 mbar) nach Gleichung 53a. (Dicke Linien siehe bevorzugter DN) Durchflussmedium: Luft (d, l in cm!)
Abb. 9.6 Leitwerte für Rohrleitungen mit üblicher Nennweite und rundem Querschnitt für molekulare Strömung nach Gleichung 53b. (Dicke Linien siehe bevorzugter DN) Durchflussmedium: Luft (d, l in cm!)
Abb. 9.8 – Nomogramm zur Bestimmung der Leitfähigkeit von Rohren mit einem kreisförmigen Querschnitt für Luft mit 20 °C im molekularen Strömungsbereich (nach J. DELAFOSSE und G. MONGODIN: Les calculs de la Technique du Vide, Sonderausgabe „Le Vide“, 1961).
Abb. 9.9 – Nomogramm zur Bestimmung der Leitfähigkeit von Rohren (Luft, 20 °C) im gesamten Druckbereich.
Beispiel: Welchen Durchmesser d muss ein 1,5 m langes Rohr haben, damit es einen Leitwert von ca. C = 1000 l/s im molekularen Strömungsbereich hat? Die Punkte l = 1,5 m und C = 1000 l/s werden durch eine gerade Linie miteinander verbunden, die verlängert und die Skala für den Durchmesser d schneidet. Der Wert d = 24 cm wird ermittelt. Die Eingangsleitfähigkeit des Rohrs, die vom Verhältnis d/l abhängt und bei kurzen Rohren nicht vernachlässigt werden darf, wird mithilfe des Korrekturfaktors α berücksichtigt. Bei d/l < 0,1 kann α = 1 eingestellt werden. In unserem Beispiel sind d/l = 0,16 und α = 0,83 (Schnittpunkt der geraden Linie mit der Skala A). Dadurch wird der effektive Leitwert der Rohrleitung auf C · α = 1000 · 0,83 = 830 l/s reduziert. Wenn d auf 25 cm erhöht wird, erhält man einen Leitwert von 1200 · 0,82 = 985 l/s (gestrichelte gerade Linie).
Verfahren: Bei einer bestimmten Länge (l) und einem bestimmten Innendurchmesser (d) muss im molekularen Strömungsbereich die druckunabhängige Leitfähigkeit C m bestimmt werden. Um die Leitfähigkeit C* im laminaren oder Knudsen-Strömungsbereich mit einem gegebenen mittleren Druck von p im Rohr zu ermitteln, muss der zuvor für Cm berechnete Leitwert mit dem im Nomogramm bestimmten Korrekturfaktor a multipliziert werden: C* = Cm · α.
Beispiel: Eine Röhre mit 1 m Länge und 5 cm Innendurchmesser hat einen (unkorrigierten) Leitwert C von ca. 17 l/s im molekularen Strömungsbereich, wie es mit den entsprechenden Verbindungsleitungen zwischen Skala „l“ und Skala „d“ festgelegt ist. Die so ermittelte Leitfähigkeit C muss mit dem Clausing-Faktor γ = 0,963 multipliziert werden (Schnittmenge der Verbindungsleitung mit Skala γ), um die tatsächliche Leitfähigkeit Cm im molekularen Strömungsbereich zu ermitteln: Cm · γ = 17 · 0,963 = 16,37 l/s. In einer Röhre mit 1 m Länge und 5 cm Innendurchmesser hat eine molekulare Strömung Vorrang, wenn der mittlere Druck p in der Röhre < 2,7 · 10-3 mbar beträgt. Zur Bestimmung des Leitwerts C* bei höheren Drücken als 2,7 · 10-3 mbar – z. B. bei 8 · 10-2 mbar (= 6 · 10-2 Torr) – wird der entsprechende Punkt auf der p-Skala mit dem Punkt d = 5 cm auf der „d“-Skala verbunden. Diese Verbindungslinie schneidet die „α“-Skala am Punkt α = 5,5. Der Leitwert C* bei p = 8 · 10-2 mbar beträgt: C* = Cm · α = 16,37 · 5,5 = 90 l/s.
b) Leitwert C für eine Öffnung A
(A in cm2): Für die Kontinuumsströmung (viskose Strömung) gelten folgende Gleichungen (nach Prandtl) für Luft bei 20 °C, wobei p2/p1 = δ:
(1.29)
(1.29a)
Δ = 0,528 ist die kritische Drucksituation für Luft.
(1.29b)
Der Durchfluss wird bei δ < 0,528 gedrosselt, der Gasstrom ist somit konstant. Bei einer molekularen Strömung (Hochvakuum) gilt für Luft:
(1.30)
Zusätzlich werden in Abbildung 1.3 das Saugvermögen S*visc und S*mol mit Bezug auf den Bereich A der Öffnung und als Funktion von δ = p2/p1 angegeben. Die angegebenen Gleichungen gelten für Luft bei 20 °C, wobei die Molmassen für das strömende Gas in den allgemeinen, hier nicht dargestellten Gleichungen berücksichtigt werden.
Bei anderen Gasen ist es erforderlich, die für Luft angegebenen Leitwerte mit den in Tabelle 1.1 aufgeführten Faktoren zu multiplizieren.
Abb. 1.3 – Leitwerte relativ zur Fläche, C*visc, C*mol, und Saugvermögen S*visc und S*mol für eine Öffnung A, abhängig vom Druckverhältnis p2/p1 für Luft bei 20 °C.
Tabelle 1.1 – Umrechnungsfaktoren
Die Leitwerte für von Luft und anderen Gasen durchströmten Rohrleitungen und Öffnungen können mit nomografischen Methoden bestimmt werden. Es ist nicht nur möglich, den Leitwert für Rohrleitungen mit vorgegebenen Werten für Durchmesser, Länge und Druck zu bestimmen, sondern auch die Größe des erforderlichen Rohrdurchmessers, wenn ein Pumpensatz ein bestimmtes effektives Saugvermögen bei einem bestimmten Druck und einer bestimmten Leitungslänge erreichen soll. Es ist auch möglich, die maximal zulässige Rohrlänge festzulegen, wenn die anderen Parameter bekannt sind. Die natürlich ermittelten Werte gelten nicht für turbulente Strömungen. Im Zweifel sollte die Reynolds-Zahl Re mithilfe der unten angenäherten Beziehung geschätzt werden.
(1.31)
Dabei ist qPV = S · p der Ausgangsstrom in mbar l/s und d der Rohrdurchmesser in cm.
Nomogramme, die sich in der Praxis als nützlich erwiesen haben, sind in Abb. 9.8 und Abb. 9.9 dargestellt.
Wenn die Leitung Krümmer oder andere Bögen enthält (z. B. bei rechtwinkligen Ventilen), können diese berücksichtigt werden, indem eine größere effektive Leitungslänge (leff) angenommen wird. Dies lässt sich wie folgt abschätzen:
(1.32)
wobei:
laxial: axiale Länge der Leitung (in cm)
leff: effektive Länge der Leitung (in cm)
d: Innendurchmesser der Leitung (in cm)
θ: Winkel des Krümmers (Grad)
Axiale Länge
Die technischen Daten im Leybold-Katalog geben die Leitwerte für Dampfsperren, Kühlfallen, Adsorptionsfallen und Ventile für den molekularen Strömungsbereich an. Bei höheren Drücken (z. B. im Knudsen- und laminaren Strömungsbereich) haben Ventile ungefähr die gleichen Leitwerte wie Rohre mit entsprechendem Nenndurchmesser und axialer Länge, bei rechtwinkligen Ventilen muss die Leitfähigkeitsberechnung für einen Bogen durchgeführt werden.
Bei Staubfiltern, die zum Schutz von Gasballastpumpen und Rootspumpen verwendet werden, ist der prozentuale Begrenzungswert für die verschiedenen Druckstufen im Katalog aufgeführt. Andere Komponenten, nämlich die Kondensatabscheider und Kondensatoren, sind so konstruiert, dass sie das Saugvermögen in nicht nennenswertem Umfang reduzieren.
Als Faustregel für die Bemessung von Vakuumleitungen gilt: Die Leitungen müssen möglichst kurz und breit sein. Sie müssen mindestens denselben Querschnitt haben wie der Einlasskanal der Pumpe. Wenn besondere Umstände eine Kürzung der Einlassleitung verhindern, sollte – sofern aus technischer und wirtschaftlicher Sicht vertretbar – eine Rootspumpe in die Einlassleitung integriert werden. Diese dient dann als Pumpe für den Gaseintrag, die die Leitungsimpedanz reduziert.
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Eine Übersicht der Symbole, die in der Vakuumtechnik häufig für Diagramme mit Pumpentypen und Pumpensystemkomponenten verwendet werden
Eine Übersicht der Maßeinheiten in der Vakuumtechnik, die Bedeutung der Symbole und die modernen Pendants historischer Maßeinheiten
Verweise, Quellen und weiterführende Literatur zu den Grundlagen der Vakuumtechnik