So berechnen Sie die Abpumpzeiten
In der Praxis, z. B. bei der Abschätzung der Kosten für eine geplante Vakuumanlage, wäre die Berechnung der Abpumpzeit aus dem effektiven Saugvermögen Seff, dem erforderlichen Druck p und dem Kammervolumen V mit den vorgestellten Formeln zu mühsam und zeitaufwendig. Nomogramme sind hier sehr hilfreich. Mit Hilfe des Nomogramms in Abb. 9.7 können Sie die Abpumpzeit für Vakuumanlagen, die mit Drehpumpen evakuiert werden, schnell abschätzen, wenn das Saugvermögen der betreffenden Pumpe in dem betreffenden Druckbereich ziemlich konstant ist. Anhand der vorgestellten Beispiele können Sie die Anwendung eines Nomogramms leicht nachvollziehen.
Säule ➀: Behältervolumen V in Litern
Säule ➁: maximales effektives Saugvermögen Seff,max. am Behälter in Litern pro Sekunde (links) oder Kubikmetern pro Stunde (rechts).
Säule ➂: Abpumpzeit tp in Sekunden (oben rechts) oder Minuten (Mitte links) oder Stunden (unten rechts).
Säule ➃: rechts:
Druck pEND in Millibar am ENDE der Abpumpzeit, wenn der atmosphärische Druck pSTART (pn = 1013) beim START der Abpumpzeit herrschte. Der gewünschte Druck pEND ist um den Enddruck der Pumpe pult,p zu reduzieren, und der Differenzwert ist auf den Säulen zu verwenden. Wenn es einen Zufluss qpV,in gibt, ist der Wert pend - pult,p – qpV,in / Seff,max auf den Säulen zu verwenden.
Links:
Druckminderungsverhältnis R = (pSTART – pult,p – qpV,in / Seff,max)/(pend – pult,p – qpV,in / Seff,max), wenn zu Beginn des Pumpvorgangs der Druck pSTART herrscht und der Druck durch Abpumpen auf pEND gesenkt werden soll. Die Druckabhängigkeit des Saugvermögens wird im Nomogramm berücksichtigt und ist auf der Säule ➄ ult,p ausgedrückt. Wenn der Pumpendruck pult,p klein ist im Verhältnis zu dem Druck pend, der am Ende des Abpumpvorgangs gewünscht wird, entspricht dies einem konstanten Saugvermögen S oder Seff während des gesamten Abpumpvorgangs.
Beispiel 1 unter Bezugnahme auf Nomogramm 9.7:
Ein Behälter mit dem Volumen V = 2000 l soll mittels einer Drehkolbenpumpe mit einem effektiven Saugvermögen am Behälter von Seff,max = 60 m3/h = 16,7 l · s-1 von einem Druck von pSTART = 1000 mbar (atmosphärischer Druck) auf einen Druck von pEND = 10-2 mbar abgepumpt werden. Die Abpumpzeit kann anhand des Nomogramms in zwei Schritten ermittelt werden:
1) Bestimmung von τ: Über V = 2000 l wird eine gerade Linie gezogen (Säule ➀ und Seff= 60 m3/h-1 = 16,7 l · s-1 (Säule ➁ und der Wert t = 120 s = 2 min wird am Schnittpunkt dieser geraden Linien mit der Säule ➂ abgelesen (die Unsicherheit dieses Verfahrens liegt bei Δτ = ± 10 s, sodass die relative Unsicherheit bei etwa 10 % liegt).
2) Bestimmung von tp: Der Enddruck der Drehpumpe ist pult,p = 3 · 10-2 mbar, die Apparatur ist sauber und der Leckwert vernachlässigbar (qpV,in = 0 festlegen); dann ist pSTART – pult,p = 10-1 mbar – 3 · 10-2 mbar = 7 · 10-2 mbar. Nun wird eine Gerade durch den unter 1) τ = 120 s befindlichen Punkt (Säule ➂) und den Punkt pEND – pult,p = 7 · 10-2 mbar (Säule ➄) gezogen, und der Schnittpunkt dieser Geraden mit Säule ➃ tp = 1100 s = 18,5 min abgelesen. (Auch hier beträgt die relative Unsicherheit des Verfahrens etwa 10 %, so dass die relative Unsicherheit von tp etwa 15 % beträgt). Unter Berücksichtigung eines zusätzlichen Sicherheitsfaktors von 20 % kann man von einer Abpumpzeit von tp = 18,5 min · (1 + 15 % + 20 %) = 18,5 min · 1,35 = 25 min ausgehen.
Beispiel 2 unter Bezugnahme auf Nomogramm 9.7:
Ein sauberes und trockenes Vakuumsystem (qPV,in= 0) mit V = 2000 l (wie im Beispiel 1) soll auf einen Druck von pEND = 10-2 mbar heruntergepumpt werden. Da dieser Druck kleiner ist als der Enddruck der Drehkolbenpumpe (Seff,max= 60 m3/h = 16,7 l (s-1 = 3 · 10-2 mbar), muss eine Rootspumpe in Kombination mit einer Drehkolbenpumpe eingesetzt werden. Erstere hat einen Anfangsdruck von p1 = 20 mbar, ein Saugvermögen von Seff,max = 200 m3/h – 55 l · s-1 sowie pult,p – 4 · 10-3 mbar. Von pSTART= 1000 mbar bis p = 20 mbar wird mit der Drehkolbenpumpe gearbeitet, und anschließend wird die Rootspumpe von p1= 20 mbar bis pEND = 10-2 mbar angeschlossen, wobei die Drehkolbenpumpe als Vorpumpe fungiert. Beim ersten Pumpschritt erhält man aus dem Nomogramm wie im Beispiel 1 die Zeitkonstante τ = 120 s = 2 min (gerade Linie durch V = 2000 l, Seff = 16,7 l · s-1). Wenn dieser Punkt auf der Säule ➂ mit dem Punkt p1- pult,p = 20 mbar – 3 · 10-2 mbar = 20 mbar verbunden wird (pult,p wird hierbei ignoriert, d. h. die Drehkolbenpumpe hat über den gesamten Bereich von 1000 mbar bis 20 mbar ein konstantes Saugvermögen), dann erhält man auf Säule ➄ tp,1= 7,7 min. Die Rootspumpe muss den Druck von p1 = 20 mbar auf pEND = 10-2 mbar reduzieren, d. h. das Druckminderungsverhältnis R = (20 mbar – 4 · 10-3 mbar) / (10-2 mbar-4 · 10-3) = 20/6 · 10-3 mbar = 3300.
Die Zeitkonstante wird erhalten (gerade Linie V = 2000 l auf Säule ➀, Seff = 55 l · s–1 auf Säule ➁) bei = 37 s (auf Säule ➂).
Wenn dieser Punkt auf Säule ➂ mit R = 3300 auf Säule ➄ verbunden wird, ergibt sich auf Säule ➃ tp, 2 = 290 s = 4,8 min. Wenn man tU = 1 min für die Übergangszeit berücksichtigt, führt dies zu einer Abpumpzeit von tp= tp1 + tu + tp2 = 7,7 min + 1 min + 4,8 min = 13,5 min.
Die Abpumpzeiten von Drehschieber- und Drehkolbenpumpen können anhand des Beispiels 1 ermittelt werden, sofern das Saugvermögen der betreffenden Pumpe bis auf den gewünschten Druck konstant ist.
Im Allgemeinen weisen Rootspumpen im betroffenen Betriebsbereich keine konstanten Saugvermögen auf. Für die Einschätzung der Abpumpzeit reicht es in der Regel aus, von dem mittleren Saugvermögen auszugehen. Die Beispiele 2 und 3 des Nomogramms zeigen in diesem Zusammenhang, dass sich das Verdichtungsverhältnis K nicht auf den atmosphärischen Druck (1013 mbar) bezieht, sondern auf den Druck, bei dem die Rootspumpe eingeschaltet wird.
Im Mittelvakuumbereich sind die Gasentwicklung oder die Leckrate deutlich erkennbar. Aus dem Nomogramm 9.10 können die entsprechenden Berechnungen für die Abpumpzeit in diesem Vakuumbereich näherungsweise ermittelt werden.
Das Nomogramm gibt das Verhältnis zwischen dem Nennsaugvermögen der Pumpe, dem Kammervolumen, der Größe und der Art der Innenfläche sowie der Zeit an, die erforderlich ist, um den Druck von 10 mbar auf 10-3 mbar zu senken.
Beispiel 1: Eine gegebene Kammer hat ein Volumen von 70 m3 und eine innere Oberfläche von 100 m2; es wird von einer erheblichen Gasentwicklung von 2 · 10-3 mbar · l · s-1 · m-2 ausgegangen. Die erste Frage ist, ob eine Pumpe mit einem Nennsaugvermögen von 1300 m3/h in diesem Fall überhaupt geeignet ist. Die Koordinaten für die betreffende Fläche von 100 m2 und eine Gasentwicklung von 2 · 10-3 mbar · l · s-1 · m-2 ergeben einen Schnittpunkt A, der mit dem Punkt B durch eine ansteigende Linie verbunden ist und dann über eine vertikale Linie mit der Kurve verbunden wird, die auf dem Saugvermögen der Pumpe von 1300 m3/h (D) basiert. Wenn die Projektion auf die Kurve innerhalb des markierten Kurvenbereichs (F) liegt, ist das Saugvermögen der Pumpe für die Gasentwicklung ausreichend. Die relevante Abpumpzeit (Druckabfall von 10 mbar auf 10-3 mbar) wird dann auf der Grundlage der Linie, die den Punkt 1300 m3/h auf der Skala für das Saugvermögen mit dem Punkt 70 m3 (C) auf der Volumenskala verbindet, mit 30 min angegeben: Die Verlängerung ergibt den Schnittpunkt bei 30 min (E) auf der Zeitskala.
In Beispiel 2 muss bestimmt werden, welches Saugvermögen die
Pumpe haben muss, wenn der Behälter (Volumen = ca. 3 m3) mit einer
Oberfläche von 16 m2 und einer geringen Gasentwicklung von
8 · 10-5mbar · l · s-1 · m-2 innerhalb einer Zeit von 10 min von 10 mbar auf
10-3 mbar evakuiert werden soll. Das Nomogramm zeigt, dass
in diesem Fall eine Pumpe mit einem Nennsaugvermögen von 150 m 3/h angebracht ist.
In vielen Anwendungen ist es sinnvoll, die erreichbaren Drücke zu einem bestimmten Zeitpunkt mit der Abpumpzeit in Beziehung zu setzen. Dies ist mithilfe des Nomogramms 9.7 leicht möglich.
Als erstes Beispiel wird die Abpumpcharakteristik, also das Verhältnis Druck p (bezeichnet als Solldruck pend) zu Pumpzeit tp, aus dem Nomogramm für die Evakuierung eines Behälters mit 5 m3 Volumen mittels einer einstufigen Drehkolbenpumpe E 250 mit einem effektiven Saugvermögen von Seff = 250 m3/h und einem Enddruck von pend,p = 3 · 10-1 mbar bei Betrieb mit Gasballast und bei pend,p = 3 · 10-2 mbar ohne Gasballast abgeleitet. Die Zeitkonstante τ = V / Seff (siehe Gleichung 2.36) ist in beiden Fällen gleich und beträgt gemäß Nomogramm 9.7 etwa 70 s (Säule 3). Für jeden gegebenen Wert von pend > pend,p ergibt die Gerade, die den 70-s-Punkt auf Säule 3 mit dem Wert (pend - pend,p) auf der rechten Skala auf Säule 5 verbindet, den entsprechenden tp-Wert. Die Ergebnisse dieses Verfahrens sind als Kurven a und b in Abb. 2.77 dargestellt.
Berechnung der Abpumpzeit bei einem Vakuumpumpensystem
Es ist etwas komplizierter, die Beziehung (pend,tp) für eine Kombination von Pumpen zu bestimmen. Das zweite Beispiel, das im Folgenden behandelt wird, betrifft die Evakuierung eines Behälters mit einem Volumen von 5 m3 durch die Kombination aus einer Rootspumpe WA 1001 und einer Vorvakuumpumpe E 250 (wie im vorangegangenen Beispiel). Der Pumpvorgang beginnt mit der Pumpe E 250, die allein ohne Gasballast betrieben wird, bis die Rootspumpe bei einem Druck von 10 mbar zugeschaltet wird. Da die Saugvermögenskennlinie der Kombination WA 1001/E 250 im Gegensatz zur Kennlinie der E 250 über den besten Teil des Druckbereichs keine horizontale Gerade mehr ist (vergleichen Sie dazu den entsprechenden Verlauf der Kennlinie für die Kombination WA 2001/E 250 in Abb. 2.19), bezieht man als Näherung Durchschnittswerte von Seff ein, bezogen auf definierte Druckbereiche. Im Falle der Kombination WA 1001/E 250 gelten die folgenden Durchschnittswerte:
Seff= 800 m3/h im Bereich von 10 bis 1 mbar
Seff= 900 m3/h im Bereich von 1 mbar bis 5 · 10-2 mbar
Seff= 500 m3/h im Bereich von 5 · 10-2 bis 5 · 10-3 mbar
Der Enddruck der Kombination WA 1001/E 250 beträgt: Pend,p = 3 · 10-3 mbar. Aus diesen Zahlen können die entsprechenden Zeitkonstanten im Nomogramm ermittelt werden; von dort aus kann die Abpumpzeit tp durch Berechnung der Druckminderung R auf der linken Seite der Säule 5 ermittelt werden. Das Ergebnis ist Kurve c in Abb. 2.77.
Computergestützte Berechnungen bei Leybold
Natürlich werden die Berechnungen für unsere industriellen Systeme durch Computerprogramme durchgeführt. Diese erfordern Hochleistungscomputer und stehen daher für einfache anfängliche Berechnungen in der Regel nicht zur Verfügung.
Evakuierung einer Kammer, in der Gase und Dämpfe entstehen
Die vorangegangenen Beobachtungen zur Abpumpzeit ändern sich erheblich, wenn während des Evakuierungsprozesses Dämpfe und Gase entstehen. Insbesondere bei Ausheizprozessen können große Mengen an Dampf entstehen, wenn die Oberflächen der Kammer von Verunreinigungen befreit werden. Die daraus resultierende notwendige Abpumpzeit hängt von sehr unterschiedlichen Parametern ab. Eine stärkere Erwärmung der Kammerwände geht mit einer erhöhten Desorption von Gasen und Dämpfen von den Wänden einher. Da die höheren Temperaturen jedoch zu einem beschleunigten Entweichen von Gasen und Dämpfen aus den Wänden führen, steigt auch die Geschwindigkeit, mit der sie aus der Kammer entfernt werden können.
Die Höhe der zulässigen Temperatur für den betreffenden Ausheizvorgang wird in der Tat im Wesentlichen durch das Material in der Kammer bestimmt. Genaue Abpumpzeiten können nur dann rechnerisch abgeschätzt werden, wenn die Menge der entstehenden und abgepumpten Dämpfe bekannt ist. Dies ist jedoch außer bei Trocknungsprozessen nur selten der Fall.
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Referenzen
- Vakuumsymbole
- Glossar der Einheiten
- Verweise und Quellen
Vakuumsymbole
Eine Übersicht der Symbole, die in der Vakuumtechnik häufig für Diagramme mit Pumpentypen und Pumpensystemkomponenten verwendet werden
Glossar der Einheiten
Eine Übersicht der Maßeinheiten in der Vakuumtechnik, die Bedeutung der Symbole und die modernen Pendants historischer Maßeinheiten
Verweise und Quellen
Verweise, Quellen und weiterführende Literatur zu den Grundlagen der Vakuumtechnik