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Auswahl der Pumpengröße – Evakuierung eines Vakuumsystems

Im Grunde genommen stellen sich zwei unabhängige Fragen zur Größe eines Vakuumsystems: 

  1. Welches effektive Saugvermögen muss die Pumpenanordnung beibehalten, um den Druck in einem gegebenen Behälter über einen bestimmten Zeitraum auf den gewünschten Wert zu senken? 
  2. Welches effektive Saugvermögen muss die Pumpenanordnung bei einem Vakuumprozess erreichen, damit in den Behälter freigesetzte Gase und Dämpfe schnell abgepumpt werden können, während ein gegebener Druck (der Betriebsdruck) im Behälter aufrechterhalten und nicht überschritten wird?

    Beim Abpumpen während bestimmter Prozesse (z. B. Trocknung und Erwärmung) entstehen Dämpfe, die ursprünglich nicht in der Vakuumkammer vorhanden waren, was eine dritte Frage aufwirft: 

  3. Welches effektive Saugvermögen muss eine Pumpenanordnung erreichen, damit der Prozess innerhalb einer bestimmten Zeit abgeschlossen werden kann? 

Unter dem effektiven Saugvermögen einer Pumpenanordnung versteht man das tatsächliche Saugvermögen der gesamten Pumpenanordnung, das am Behälter herrscht. Aus dem effektiven Saugvermögen kann dann das Nennsaugvermögen der Pumpe ermittelt werden, wenn die Strömungswiderstände (Leitwerte) der zwischen Pumpe und Behälter installierten Leitbleche, Kühlfallen, Filter, Ventile und Verrohrungen bekannt sind (siehe die Seite über Leitwerte). Bei der Bestimmung des erforderlichen Nennsaugvermögens wird ferner davon ausgegangen, dass das Vakuumsystem leckdicht ist; die Leckrate muss also so gering sein, dass von außen einströmende Gase sofort durch die angeschlossene Pumpenanordnung abgeführt werden und sich der Druck im Behälter nicht verändert (weitere Einzelheiten finden Sie unter Dichtheitsprüfung). Die zuvor unter 1., 2. und 3. aufgeführten Fragen sind charakteristisch für die drei wesentlichsten Fragen der Vakuumtechnik. 

  1. Evakuierung des Behälters, um einen bestimmten Druck zu erreichen. 
  2. Abpumpen von kontinuierlich zunehmenden Gas- und Dampfmengen bei einem bestimmten Druck. 
  3. Abpumpen der während eines Prozesses durch Schwankungen von Temperatur und Druck entstehenden Gase und Dämpfe. 

Die anfängliche Evakuierung einer Vakuumkammer wird in den Bereichen des Mittel-, Hoch- und Ultrahochvakuums durch sich ständig entwickelnde Gasmengen beeinflusst, denn in diesen Bereichen ist das Entweichen von Gasen und Dämpfen aus den Wänden des Behälters so bedeutend, dass sie allein die Abmessungen und die Auslegung des Vakuumsystems bestimmen. 

Evakuierung einer Vakuumkammer (ohne zusätzliche Gas- oder Dampfquellen) 

Aufgrund der oben beschriebenen Faktoren muss eine Bewertung der Abpumpzeit für die Evakuierung eines Behälters im Grobvakuumbereich grundsätzlich anders ausfallen als für die Evakuierung im Mittel- und Hochvakuumbereich. 

Evakuieren einer Kammer im Grobvakuumbereich

In diesem Fall ist das erforderliche effektive Saugvermögen Seff einer Vakuumpumpenanordnung nur von dem erforderlichen Druck p, dem Volumen V des Behälters und der Abpumpzeit t abhängig. 

Bei konstantem Saugvermögen Seff und unter der Annahme, dass der mit der Pumpenanordnung erreichbare Enddruck pend so ist, dass pend << p ist, ergibt sich die zeitliche Abnahme des Drucks p(t) in einer Kammer aus der Gleichung: 

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(2.32)

Ab 1013 mbar bei Zeitpunkt t = 0 wird das effektive Saugvermögen in Abhängigkeit von der Abpumpzeit t aus Gleichung (2.32) wie folgt berechnet:

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(2.33a)

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(2.33b)

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(2.34)

Einführung des dimensionslosen Faktors 

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(2.34a)

In Gleichung (2.34) wird das Verhältnis zwischen effektivem Saugvermögen Seff und Abpumpzeit t angegeben durch 

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(2.35)

Das Verhältnis V/Seff wird in der Regel als Zeitkonstante τ bezeichnet, so dass die Abpumpzeit einer Vakuumkammer von atmosphärischem Druck zu einem Druck p angegeben wird durch:

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(2.36)

Die Abhängigkeit des Faktors vom gewünschten Druck ist in Abb. 2.75 dargestellt. Es ist zu beachten, dass das Saugvermögen von einstufigen Drehschieber- und Drehkolbenpumpen mit Gasballast unter 10 mbar und ohne Gasballast unter 1 mbar sinkt. Dieses grundsätzliche Verhalten ist für Pumpen verschiedener Größen und Typen unterschiedlich, sollte aber bei der Bestimmung der Abhängigkeit der Abpumpzeit von der Pumpengröße nicht ignoriert werden. Es muss darauf hingewiesen werden, dass die Gleichungen (2.32 bis 2.36) sowie Abb. 2.75 nur dann gelten, wenn der mit der verwendeten Pumpe erreichte Enddruck um mehrere Größenordnungen niedriger ist als der gewünschte Druck

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Abb. 2.75 Abhängigkeit des dimensionslosen Faktors s für die Berechnung der Abpumpzeit t nach Gleichung 2.36. Die gestrichelte Linie gilt für einstufige Pumpen, bei denen das Saugvermögen unter 10 mbar sinkt.

Beispiel: Eine Vakuumkammer mit einem Volumen von 500 l soll innerhalb von 10 Minuten auf 1 mbar abgepumpt werden. Welches effektive Saugvermögen ist erforderlich? 
500 l = 0,5 m3; 10 min = 1/6 h. 
Gemäß Gleichung (2.34) folgt daraus: 

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Für das oben angeführte Beispiel liest man von der geraden Linie in Abb. 2.75 den Wert 7 ab. Von der gestrichelten Linie hingegen liest man den Wert 8 ab. Gemäß Gleichung (2.35) ergibt sich Folgendes: 

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unter Berücksichtigung der Tatsache, dass das Saugvermögen unter 10 mbar sinkt, beträgt das erforderliche effektive Saugvermögen also etwa 24 m3/h.

Evakuierung einer Kammer im Hochvakuumbereich

Es ist wesentlich schwieriger, allgemeine Formeln für den Einsatz im Hochvakuumbereich anzugeben. Da die Pumpzeit zum Erreichen eines bestimmten Hochvakuumdrucks wesentlich von der Gasentwicklung an den Innenflächen der Kammer abhängt, ist die Beschaffenheit und Vorbehandlung dieser Oberflächen in der Vakuumtechnik von großer Bedeutung. Das verwendete Material darf auf keinen Fall poröse Bereiche aufweisen oder – insbesondere im Hinblick auf das Ausheizen – Hohlräume enthalten; die Innenflächen müssen so glatt wie möglich (echte Oberfläche = geometrische Oberfläche) sowie gründlich gereinigt und entfettet sein. Die Gasentwicklung variiert stark mit der Wahl des Materials und der Oberflächenbeschaffenheit. Hilfreiche Informationen sind in Tabelle X zu finden.

Tabelle X Ausgasungsrate von Materialien in mbar · l · s-1 · cm-2

Die Gasentwicklung kann experimentell nur von Fall zu Fall mithilfe der Druckanstiegsmethode bestimmt werden: Das System wird so gründlich wie möglich evakuiert. Schließlich werden Pumpe und Kammer durch ein Ventil isoliert. Jetzt wird die Zeit gemessen, in der der Druck in der Kammer (Volumen V) um einen bestimmten Wert ansteigt, z. B. eine Leistung von 10. Die pro Zeiteinheit entstehende Gasmenge Q wird berechnet aus: 

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(2.37)

(Δp = gemessener Druckanstieg) 

Die Gasmenge Q besteht aus der Summe aller Gasentwicklungen und aller eventuell vorhandenen Lecks. Ob sie von der Gasentwicklung oder dem Leck stammt, kann mit der folgenden Methode bestimmt werden: 

Die Gasmenge, die sich aus der Gasentwicklung ergibt, muss mit der Zeit kleiner werden. Die Gasmenge, die aus einem Leck in das System eintritt, bleibt über die Zeit konstant. Experimentell ist diese Unterscheidung nicht immer einfach, da sie – bei der Entwicklung des reinen Gases – oft sehr lange dauert, bis sich die gemessene Druck-Zeit-Kurve einem konstanten (oder beinahe konstanten) Endwert annähert. Daher folgt der Anfang dieser Kurve über längere Zeit einer geraden Linie und simuliert so das Leck (siehe Dichtheitsprüfung). 

Wenn die Gasentwicklung Q und der erforderliche Druck pend bekannt sind, ist es einfach, das erforderliche effektive Saugvermögen zu bestimmen: 

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(2.38)

Beispiel: Eine Vakuumkammer mit 500 l kann eine Gesamtoberfläche (einschließlich aller Systeme) von ca. 5 m2haben. Eine stetige Gasentwicklung von 2 · 10-4 mbar · l/s wird pro m2 Oberfläche angenommen. Dieser Wert ist zu erwarten, wenn z. B. Ventile oder Drehdurchführungen an die Vakuumkammer angeschlossen werden. Um im System einen Druck von 1 · 10-5 mbar aufrechtzuerhalten, muss die Pumpe ein Saugvermögen haben von 

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Allein ein Saugvermögen von 100 l/s ist erforderlich, um die Gasmenge, die durch die Lecks einströmt oder sich an den Kammerwänden entwickelt, kontinuierlich abzupumpen. Hier ist der Evakuierungsprozess ähnlich wie bei den Beispielen im Abschnitt über das Grobvakuum oben. Im Falle einer Diffusionspumpe beginnt der Pumpvorgang jedoch nicht bei atmosphärischem Druck, sondern bei dem Vorvakuumdruck pV. Dann verwandelt sich Gleichung (2.34) in: 

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Bei einem Gegendruck von pV= 2 · 10-3 mbar ist die Verdichtung K in unserem Beispiel: 

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Um innerhalb von 5 Minuten nach Beginn des Pumpvorgangs mit der Diffusionspumpe einen Enddruck von 1 · 10-5 mbar zu erreichen, ist ein effektives Saugvermögen von

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erforderlich. Dies ist viel weniger als das effektive Saugvermögen, das zur Aufrechterhaltung des Enddrucks erforderlich ist. Die Abpumpzeit und das Endvakuum im Hochvakuum- und Ultrahochvakuumbereich hängen hauptsächlich von der Gasentwicklungsrate und der Leckrate ab. 

Evakuieren einer Kammer im Mittelvakuumbereich 

Im Grobvakuumbereich ist das Volumen des Behälters ausschlaggebend für die Dauer des Abpumpvorgangs. Im Hoch- und Ultrahochvakuumbereich hingegen spielt die Gasentwicklung an den Wänden eine wichtige Rolle. Im Mittelvakuumbereich wird der Abpumpvorgang von beiden Größen beeinflusst. Außerdem ist im Mittelvakuumbereich insbesondere bei Drehpumpen der erreichbare Enddruck nicht mehr vernachlässigbar. Wenn bekannt ist, dass die in die Kammer eintretende Gasmenge eine Rate Q (in Millibar pro Sekunde) hat, die sich aus der Gasentwicklung an den Wänden und aus Lecks ergibt, lautet die Differentialgleichung (2.32) für den Pumpvorgang 

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(2.39)

Die Integration dieser Gleichung führt zu 

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(2.40)

wobei 
p0 der Druck zu Beginn des Pumpvorgangs 
und p der gewünschte Druck ist 

Im Gegensatz zu Gleichung 2.33b erlaubt diese Gleichung keine eindeutige Lösung für Seff. Daher kann das effektive Saugvermögen für eine bekannte Gasentwicklung nicht ohne weitere Informationen anhand der Zeit-Druck-Kurve bestimmt werden. 

In der Praxis lässt sich daher mit der folgenden Methode eine Pumpe mit ausreichend hohem Saugvermögen ermitteln: 
a) Das Saugvermögen wird aus Gleichung 2.34 als Ergebnis des Volumens der Kammer ohne Gasentwicklung und der gewünschten Abpumpzeit berechnet. 
b) Der Quotient aus der Gasentwicklungsrate und diesem Saugvermögen wird ermittelt. Dieser Quotient muss kleiner sein als der erforderliche Druck; zur Sicherheit muss er etwa zehnmal niedriger sein. Wenn diese Bedingung nicht erfüllt ist, muss eine Pumpe mit einem entsprechend höheren Saugvermögen gewählt werden. 

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Referenzen

Vakuumsymbole

Eine Übersicht der Symbole, die in der Vakuumtechnik häufig für Diagramme mit Pumpentypen und Pumpensystemkomponenten verwendet werden

 

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Glossar der Einheiten

Eine Übersicht der Maßeinheiten in der Vakuumtechnik, die Bedeutung der Symbole und die modernen Pendants historischer Maßeinheiten

 

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Verweise, Quellen und weiterführende Literatur zu den Grundlagen der Vakuumtechnik

 

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