So verhält sich Gas im Vakuum – Eine Definition des idealen Gasgesetzes
Kontinuumstheorie
Modellvorstellung: Gas ist „gießbar“ und strömt ähnlich wie eine Flüssigkeit (Fluid). Die Kontinuumstheorie und die folgende Zusammenstellung der Gasgesetze beruht auf Erfahrung und kann alle Vorgänge in Gasen in der Nähe des Atmosphärendrucks erklären. Erst als es gelang, Gase durch immer bessere Vakuumpumpen so sehr zu verdünnen, dass die mittlere freie Weglänge weit über die Gefäßabmessungen anstieg, waren weitergehende Annahmen nötig, die schließlich zur kinetischen Gastheorie geführt haben. Die kinetische Gastheorie gilt im gesamten Druckgebiet, die Kontinuumstheorie stellt den (historisch älteren) Sonderfall der Gasgesetze für atmosphärische Bedingungen dar.
Zusammenstellung der wichtigsten Gasgesetze (Kontinuumstheorie)
Gesetz von Boyle-Mariotte
p · V = konst.
für T = konstant (isotherm)
Gesetz von Gay-Lussac (Charles-Gesetz)
für p = konstant (isobar)
Gesetz von Amonton
für V = konstant (isochor)
Gesetz von Dalton
Gesetz von Poisson
Gesetz von Avogadro
Das ideale Gasgesetz
Auch: Zustandsgleichung für ideale Gase (aus der Kontinuumstheorie)
Van der Waals-Gleichung
a, b = Konstante (Binnendruck, Kovolumina)
Vm = molares Volumen oder Molvolumen
auch: Zustandsgleichung für reale Gase
Clausius-Clapeyron‘sche Gleichung
L = Verdampfungswärme,
T = Verdampfungstemperatur,
Vm,V, Vm,l = Molvolumen von Dampf bzw. Flüssigkeit
Kinetische Gastheorie
Nach dem Siegeszug der atomistischen Weltanschauung verbunden mit dem Zwang die Vorgänge in stark verdünnten Gasen zu erklären (wo die Kontinuumstheorie versagt) wurde die kinetische Gastheorie entwickelt. Mit ihrer Hilfe kann nicht nur die allgemeine Gasgleichung auf anderem Weg hergeleitet werden, sondern auch viele andere gaskinetische Größen wie Stoßzahlen, mittlere freie Weglänge, Wiederbedeckungszeit, Diffusionskonstante und viele andere Größen berechnet werden.
Modellvorstellungen und Grundannahmen:
- Atome/Moleküle sind punktförmig.
- Kräfte unter diesen werden nur bei Stößen übertragen.
- Die Stöße sind elastisch.
- Molekulare Unordnung (Zufälligkeit) hat Vorrang.
Ein besonders vereinfachtes Modell stammt von Krönig: In einem Würfel sind n Teilchen, die zu je einem Sechstel mit der Geschwindigkeit c auf die Würfelflächen zufliegen; ist die Kantenlänge des Würfels 1 cm, so sind in ihm n Teilchen (Teilchenanzahldichte); pro Zeiteinheit erreichen n ⋅ c ⋅ Δt/6 Moleküle jede Wand, wo die Impulsänderung je Molekül wegen der Richtungsänderung um 180° gleich 2 ⋅mT ⋅ c ist. Die Summe der Impulsänderungen aller auftreffenden Moleküle ergibt die auf diese Wand wirkende Kraft bzw. den pro Flächeneinheit auf die Wand wirkenden Druck.
Das ideale Gasgesetz, abgeleitet aus der kinetischen Gastheorie
Ersetzt man c2 durch c2–, so ergibt ein Vergleich dieser beiden „allgemeinen“ Gasgleichungen:
Der Klammerausdruck auf der linken Seite ist die Boltzmann-Konstante k, der auf der rechten Seite ein Maß für die mittlere kinetische Energie der Moleküle:
Boltzmann-Konstante
Mittlere kinetische Energie der Moleküle
In der Form ergibt die Gasgleichung eine gaskinetische Deutung der Temperatur.
Die Teilchenmasse ist
darin ist NA die Avogadro-Konstante (früher: Loschmidtsche Zahl).
Avogadro-Konstante
Damit ergibt sich bei Normalbedingungen aus der allgemeinen Gasgleichung
(Tn = 273,15 K und pn = 1013,25 mbar):
für die allgemeine Gaskonstante:
Definition von Einheiten und Grundgleichungen
Teilchenanzahldichte n (cm-3)
Die volumenbezogene Anzahl n der Gasteilchen ist nach der kinetischen Gastheorie vom Druck p und der thermodynamischen Temperatur T abhängig gemäß
n = Teilchenanzahldichte
k = Boltzmann-Konstante
Bei einer bestimmten Temperatur ist demnach der Druck eines Gases lediglich von der Teilchenanzahldichte, nicht aber von der Gasart abhängig. Die Art eines gasförmigen Teilchens wird unter anderem durch seine Masse mT charakterisiert.
Gasdichte ρ (kg · m-3, g · cm-3)
Das Produkt aus Teilchenanzahldichte n und Teilchenmasse mT ist die Gasdichte
ρ:
Gleichung zum idealen Gasgesetz
Zwischen der Masse mT eines Gasteilchens und der molaren Masse M dieses Gases besteht die Beziehung:
Die Avogadro-Konstante NA gibt an, wie viele Gasteilchen in einem Mol Gas enthalten sind. Darüber hinaus ist sie der Proportionalitätsfaktor zwischen Gaskonstante R und Boltzmann-Konstante k:
Aus den vorstehenden Gleichungen (1.1) bis (1.4) folgt unmittelbar der Zusammenhang zwischen dem Druck p und der Gasdichte ρ eines idealen Gases.
In der Praxis wird häufig ein bestimmtes abgeschlossenes Volumen V betrachtet, in dem sich das Gas unter einem bestimmten Druck p befindet. Ist m die Masse des Gases, die sich in dem Volumen befindet, so ist
Aus Gleichung (1.5) folgt damit unmittelbar die allgemeine Zustandsgleichung für ideale Gase:
Hier ist der Quotient m/M die Anzahl der im Volumen V befindlichen Mole υ.
Für m/M = 1, also für 1 Mol gilt die einfachere Form:
Das folgende Zahlenbeispiel möge, unter Benutzung der Zahlenwerte in Tabelle IV, den Zusammenhang zwischen Masse des Gases und Druck bei Gasen mit unterschiedlicher molarer Masse veranschaulichen. In einem 10-Liter Volumen sei bei 20 °C
a) 1 g Helium
b) 1 g Stickstoff
enthalten. Bei Verwendung der Gleichung (1.7) ergibt sich dann mit V = 10 l, m = 1 g,
im Falle a) mit M = 4 g ⋅ mol-1 (einatomiges
Gas):
im Falle b) mit M = 28 ⋅ g ⋅ mol-1 (zweiatomiges
Gas):
Hieraus ergibt sich, paradox erscheinend, dass eine bestimmte Masse eines leichten Gases einen höheren Druck ausübt als die gleiche Masse eines schwereren Gases. Berücksichtigt man jedoch, dass bei gleicher Gasdichte (siehe Gleichung 1.2) mehr Teilchen eines leichten Gases (großes n, kleines m) vorhanden sind als beim schweren Gas (kleines n, großes m), so wird das Ergebnis verständlich, weil für die Höhe des Drucks bei gleicher Temperatur (siehe Gleichung 1.1) nur die Teilchenanzahldichte n maßgebend ist.
Hauptaufgabe der Vakuumtechnik ist, die Teilchenanzahldichte n in einem vorgegebenen Volumen V zu verringern. Bei konstanter Temperatur kommt dies immer einer Erniedrigung des Gasdrucks p gleich. Es muss an dieser Stelle aber ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass sich eine Druckerniedrigung (unter Beibehaltung des Volumens) nicht nur durch eine Verringerung der Teilchenanzahldichten n sondern (gemäß Gleichung 1.5) auch durch Erniedrigung der Temperatur T bei gleichbleibender Gasdichte erreichen lässt. Dieser wichtige Sachverhalt muss immer dann berücksichtigt werden, wenn im Volumen V nicht überall die gleiche Temperatur herrscht.
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Referenzen
- Vakuumsymbole
- Glossar der Einheiten
- Verweise und Quellen
Vakuumsymbole
Eine Übersicht der Symbole, die in der Vakuumtechnik häufig für Diagramme mit Pumpentypen und Pumpensystemkomponenten verwendet werden
Glossar der Einheiten
Eine Übersicht der Maßeinheiten in der Vakuumtechnik, die Bedeutung der Symbole und die modernen Pendants historischer Maßeinheiten
Verweise und Quellen
Verweise, Quellen und weiterführende Literatur zu den Grundlagen der Vakuumtechnik